Meine Frau Heidi und ich sind vor wenigen Tagen von einer Urlaubsreise aus Nord-Indien zurückgekommen. Zu Indien selbst nur so viel: Wer Armut und Schmutz sucht, kommt in Indien sicher auf seine Kosten. Einen schönen Urlaub hat er dann aber nicht. Wer aber herrliche Natur, wundervolle Baudenkmäler, meisterhaftes Kunsthandwerk und vor allem freundliche und entgegenkommende Menschen kennenlernen möchte, kommt in Indien auch auf seine Kosten. Und der hat dann, so wie wir, einen fantastischen Urlaub.
Mahindras gibt es in Indien wie Sand am Meer. LKW, Busse, Transporter, PKW und natürlich Geländewagen. Meist den hier als „Thar“ verkauften CJ5-Nachbau in unzähligen Varianten. Hier als mobile Disco mit Elektroaggregat auf der vorderen Stoßstange.
Auch den „Bolero“ gibt es in vielen, teils luxuriösen Ausführungen.
Ich will mich hier aber ausschließlich den „richtigen“ Mahis zuwenden – den CJ3, CJ340 und CJ540. Am Anfang war Verzweiflung . Am ersten Tag in Delhi trotz eifrigster Ausschau NICHT EINEN richtigen Mahi gesehen. Ist der Mahi etwa in Indien ausgestorben??? Am nächsten Tag ging es „über Land“. Und siehe – er lebt noch. Hier, wo Buckelpisten, die den Namen „Straße“ nicht verdienen, selbst 100.000-Einwohner-Städte verbinden, hat er seinen Lebensraum. Im harten Überlebenskampf aus den Großstädten weggebissen, hat er hier seine biologische Nische gefunden. Man kann ihn in verschiedenen Entwicklungsstadien beobachten – von „wie neu“.
bis schrottreif
Er tritt einzeln
und in Rudeln auf.
Vergesellschaftet mit Eseln, „heiligen“ Kühen und Dromedaren nutzt er den vorhandenen Biotop optimal.
Seine Farbe ist meist ein helles grau, das hier auch „mahindragrau“ genannt wird (ich würde es "elefantengrau" nennen) und natürlich ist er Rechtslenker.
Viele Mahis sind verziert.
„Military“-Varianten gibt es auch.
Aus Armee, Polizei und Behörden ist der Mahi längst ausgemustert, aber einer, um missliebige Beamte zu mobben, existiert doch noch.
Allrad und Geländegang sind selten, Zündschloss und Zündschlüssel dagegen weit verbreitet. Ich habe 4 Mahis gesehen, die zum Kranwagen umgerüstet waren und mit einem etwa 4 Meter langen Kranarm Strommasten aus Beton aufgestellt haben. Mehrmals habe ich Mahis gesehen, auf deren Anhänger Betonmischer, Dreschmaschinen, Ölpressen oder Stromaggregate fest installiert waren. Aber 90% aller Mahis werden für den Personentransport genutzt. Und das unter mitunter abenteuerlichen Bedingungen! Das fängt mit dem technischen Zustand an. Wir sind nachts in einem Mahi gefahren, bei dem nur das rechte Aufblendlicht funktionierte. Wenn wegen des Gegenverkehrs abgeblendet werden musste, fuhr das Auto völlig im Dunkeln. Man sieht doch an den Lichtern der Entgegenkommenden, wo man langfahren muss! Das Fahrzeug war mit einer besonderen staatlichen Lizenz berechtigt, im Auftrag eines deutschen Reisebüros internationale Gäste zu befördern. Wer von Euch würde sein Kind in diesen Schulbus setzen?
Das Auto mit diesem Reifen hat eine staatliche Lizenz, im Shuttleverkehr Touristen zu transportieren. Auf einer schmalen, kurvenreichen Gebirgsstraße.
Natürlich gibt es in Indien auch so etwas wie unseren TÜV. Aber den kann man leicht umgehen, indem man „etwas unter dem Tisch durchreicht“ (indischer Fachbegriff). Das ist immer noch billiger als aufwendige Reparaturen. Weil nämlich der Beamte, dem man nichts „durchgereicht“ hat, die Messlatte für den erforderlichen Zustand des Autos astronomisch hoch hängt. Und der Beamte ist ein Polizeibeamter und jeder Streifenpolizist, der einen technischen Mangel mokiert, legt sich mit seinen Vorgesetzten an…
Im Laufe von 50 Jahren Evolution ist der Mahi perfekt an seine Aufgabe als Personentransporter angepasst worden. So sind viele Mahis „5-Türer“. Sollte ein Scherz sein – kein Mahi in Indien hat Türen. Nie, niemals und nirgends. Aber es ist vor den Längssitzen noch eine Quersitzbank eingebaut. Dahinter die Längssitze.
In so einer Variante können 10 Erwachsene (3 auf der vorderen „Bank“, 3 auf der hinteren Bank und 4 auf den Längssitzen) untergebracht werden. Dazu, je nach Alter und Größe, mehrere Kinder auf dem Schoß und zwischen den Knien der Erwachsenen.
Die Dachkonstruktion ist wesentlich aufwändiger als bei deutschen Mahis, dadurch trägt sie auch einen Dachgepäckträger und auch Gepäckträger auf dem Scheibenrahmen sind häufig.
Dadurch KANN ein armer indischer Mahi gar nicht mit abgeklappter Scheibe fahren!!!!!
Viele Mahis sind verlängert. Manchmal einfach durch Anschweißen von ein paar Wasserleitungsrohren und ein bisschen Blech, manchmal indem man hochprofessionell die Pritsche von einem „Thar“-Transporter aufsetzt. Dadurch lässt sich die Kapazität noch erweitern. 3 vorn, 2x4 hinten = 11 Erwachsene plus Kinder. Aber ich habe auch gesehen, dass auf den zwei Quersitzbänken je 4 Personen saßen. Die äußeren (einschließlich des Fahrers) mit einer A…backe draußen. Lenkrad und Pedale sind dann etwas links vom Fahrer.
Auch andere Fahrzeuge werden effektiv genutzt. Ich habe LKWs gesehen, die mit gedrängt stehenden Männern besetzt waren. Die haben gelacht und gealbert und sich aneinander festgehalten. Mussten sie auch, die Bordwand war nur kniehoch. 3 Personen auf einem „Mopped“ sind normal, 4 immer wieder zu sehen, 5 habe ich nur einmal beobachten können (ein Fahrer, dahinter ein junger Bursche rittlings, dahinter eine junge Frau im „Damensitz“ mit 2 Kleinkindern auf dem Schoß.
Und außerdem kann der Mahi noch Passagiere „außenbords“ transportieren, hier 3 Männer auf der hinteren Stoßstange und einen auf dem linken Trittbrett. Das ist auf einer der ganz seltenen Autobahnen, also im „Personenfernverkehr“!
Ein Blick unter die Motorhaube zeigt Einfachheit und Übersichtlichkeit. Man kommt überall gut ran.
Das Eldorado der Mahis ist Jaipur. Hier wird der Shuttlebetrieb zwischen Busparkplatz und Festung von etwa 80 (!) Mahis bewältigt. Da lacht dem Mahi-Fan das Herz im Leibe! Wenn auch mancher "Touri" Hemmungen hat, in ein Auto zu steigen, dem der rechte hintere Radkasten fehlt oder bei dem man die Bierbüchsen durch die durchgerostete Seitenwand schieben kann. Kein Problem, der Mahi-Fahrer bleibt freundlich und verweist auf später kommende Taxis, die (ev.) besser in Schuss sind. Irgendwann gibt der anspruchsvolle Kunde auf und steigt in eines der klapprigen (im wahrsten Sinne des Wortes) Gefährte.
Hier habe ich auch den ersten Mahi OHNE ELEKTRIK gesehen. Keine Batterie, keine Lichtmaschine, kein Anlasser, nichts. Von der Festung geht es ziemlich bergab. Nachdem ein Kollege den Stein vor dem Vorderrad weggenommen hat, rollt der Mahi los. 2. Gang eingelegt, Kupplung kommen lassen, schon läuft der Motor und ab gehts. Unten wird der Motor "englisch" ausgemacht und fertig. Will man jetzt wieder los, ruft man laut. Sofort kommen ein paar Kollegen und schieben den Puristen an. Also, wer den gelegentlichen Ärger mit der Mahi-Elektrik über hat: Geht auch so.
Insgesamt konnte ich mit Freude feststellen, dass der Mahi in Indien nicht ausgestorben ist und nicht aussterben wird. Der Inder glaubt ja an Reinkarnation, Wiedergeburt und Seelenwanderung und so auch beim Mahi. Wenn ein Mahi so fertig ist, dass es wirklich nicht mehr geht, dann wird er eben mal wieder neu aufgebaut. Aufgegeben oder "geschlachtet" wird in Indien kein Mahi. Weil das beim Mahi geht! Und weil das die unglaublich geschickten Dorfschmiede/-Schlosser mit primitivsten Mitteln können.
Also kann ich allen Mahi-Freunden nur Mut machen: Schaut Euch das mal selbst an. Für das Geld, das wir bezahlt haben, könnten wir weder in Bayern noch auf Rügen 11 Tage Urlaub machen. Dazu im November jeden Tag voll Sonne und 29 Grad. Und noch ein Tip: Wenn Ihr hinfahrt, nehmt Bilder mit. Ich habe bereut, keinen Stapel Postkarten von unserem Mahi mitzuhaben. Typisches Beispiel: als ich in einem Dorf 4 hintereinander stehende Mahis fotogrfiert habe, wurde plötzlich der Herr im hellblauen Hemd ungemütlich.
Weil es alles illegale Taxis waren. (Kein anständiger Mensch kann in Indien das Schmiergeld für eine Taxilizenz bezahlen...). Ich habe ihm Bilder auf meinem Handy von meinem Mahi gezeigt. Dann großes Geschrei und alle Chauffeure und einige Schaulustiige kamen gelaufen. Oh, oh, dachte ich, jetzt gibts Klassenkeile. Zum Glück ist Heidi mit der Reisegruppe schon weiter.. Aber nein, großes Spektakel: "Der Mann da hat einen "Classic" in Germany"! (in Indien unterscheidet man nicht CJ3, CJ340 oder CJ540, in Indien ist alles was wie Wyllis aussieht "Classic"). Die schöne knallrote Farbe, die abgeklappte Frontscheibe und das silberne Schnickschnack hat keiner auch nur bemerkt. Aber:"Der hat sogar Allrad!" "Aber das Lenkrad ist auf der falschen Seite!", "Eine Sonderanfertigung? Warum, wofür soll das gut sein?" "In Deutschland haben alle Autos das Lenkrad auf der linken Seite." "So ein Unfug, man kommt ja an die Pedale nicht ran." (In Indien sitzt da ja noch mindestens ein Fahrgast dazwischen) "In Deutschland sind auch die Pedale auf der anderen Seite." "Wozu das denn???" "In Deutschland fahren alle Autos auf der rechten Straßenseite, statt links." "Ha,ha,ha, der Mann will uns veralbern!". Lachen, Schulterklopfen, gemeinsames Fotografieren.
hab ganz vielen Dank für die vielen Bilder und deinen ausführlichen Bericht. Hätte ich gewusst das du ins Mahi-Land fährst.....
Müssen wir mal am Lagerfeuer in Nieheim drüber reden.
Ick freu mir
Mike
Mahindra fängt mit: Ma-an (Ma schauen) und endet mit ra (Reparatur Anleitung) An manchen Stellen erlaubt der Mahindra Toleranzen von mehreren cm, an anderen Stellen duldet er keinen Millimeter
Meensch Klaus, da hast Du ja in die vollen gegriffen, prima Detail-Fotos, find ich echt klasse, Sind die motoren der Mahindras dort Benziner ?? sieht für mich so aus, oder es sind Perkins-Dieselmotore montiert, auf die von unseren XDP 2.1 finde ich bei deinen DetailBilder keine Hinweise, ist nur von persönlichem Interesse, hast dort wohl nicht so drauf geachtet, Super Reise Fotos !!! Grüße Frank
ich habe definitiv nur Diesel gehört. Der ohne Elektrik konnte auch keinen Benziner haben. Ansonsten bin ich zu wenig Fachmann, aber mir schienen es alles unsere Indenor zu sein.